Wahlkampfprogramm

Christian Vogt wird am 03.07.05 Oberbürgermeister der Stadt Rüsselsheim.

Wir machen die Stadt urbaner
Wir machen die Stadt lebendiger
Wir machen die Stadt intelligenter

4. Bildung

Rüsselsheim wird intelligenter. Eltern und Großeltern brauchen ein gefestigtes Vertrauen in Rüsselsheimer Bildungseinrichtungen. Um eine stärkere Akzeptanz des Bildungssystems zu erlangen, müssen wir Bildung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe betrachten. Es hilft nicht weiter, wenn Schüler auf Lehre schimpfen, wenn Lehrer auf Eltern schimpfen, wenn die Wirtschaft auf Lehrer und die Schüler schimpft, wenn Großeltern sagen, früher war alles besser. Wir alle müssen daran arbeiten, vertrauen herzustellen.

4.1. Schuldefinition

Die Aufgabe der Schule ist, im verstärkten Maße Erfahrungen mit dem Umgang mit Menschen, mit Sachen, mit Sprache, mit Symbolen, mit Zeiten, mit Verlässlichkeiten, mit Revieren, Regeln, Ritualen zu ermöglichen. Die Schule ermöglicht den Schülern zu erkennen, dass sie wirklich gebraucht werden, dass sie für etwas lebendiges verantwortlich sind, dass sie wissen, dass Regeln schützen und die Gemeinschaft erträglich machen. Ein Klima sollte entstehen, in dem einander zugehört wird. Schule soll vermitteln, dass jeder etwas kann, was wirklich wichtig ist und das einem Selbstvertrauen gibt, auch anderen Lebensaufgaben gewachsen zu sein und dass man imstande ist, einer Sache auf den Grund zu gehen, aus eigener Kraft etwas herauszufinden. Diese Aufgaben, Qualitäten oder auch Selbstverständlichkeiten stellen das eigentliche Fundament dar, auf dem die Schüler bereit und fähig sind, den Lernstoff zu erfassen und sich zu behalten und ihn in sinnvolle Zusammenhänge zu bringen.

4.2. Schulumbau

Unsere neuen Schulen sehen so aus: Sie sind beweglich, um individuelle Lösungen für individuelle Probleme finden. Sie wirken der Differenzierung von Theorie und Praxis entgegen. Persönliche Problemlagen werden verlässlich angegangen. Erwachsene sind für die Schüler da. Es wird sich bemüht, den Schülern Recht zu verschaffen. Unterschiedliche Lernwege und Lerntempi sind akzeptiert und nicht als Last empfunden. Sie sortieren nicht, sie bringen zusammen. Die kulturelle Vielfalt wird nicht als Bedrohung gesehen, sondern als Bereicherung. Es wird nach einem eigenen Profil gesucht, mit dem sich identifiziert wird. Demokratie wird nicht als Lernstoff vermittelt, sondern gelebt. Darum werden Verfahren entwickelt, die die Beteiligung aller an wichtigen Entscheidungen sichert. Diese reformierte Institution hat ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein, verteidigt ihre Autonomie gegenüber der Verwaltung und der Öffentlichkeit. Gegenstand ihrer Experimentierfreude sind nicht die Schüler selbst, sondern die Institution und ihre Verfahren. Kontakt zum Umfeld wird gesucht. Sie öffnen sich (Öffnung von Schule). Das Feindbild Eltern Lehrer ist abgebaut. Ideen und Konzepte werden an die Eltern kommuniziert. Nicht aufnehmen und fehlerlos wiedergeben ist die Idealvorstellung vom Lernen, sondern aktives Aneignen und Umformen, den Sachen auf den Grund gehen, entschlüsseln, verstehen, deuten. Sie haben offene Unterrichtsformen, arbeiten in Projekten statt sich an Lehrplänen abzuarbeiten, lösen sich von dem 45-Minuten Raster, versuchen sich auch am praktischen Lernen und arbeiten nach dem Grundsatz, soviel Belehrung wie möglich durch eigene Erfahrung zu ersetzen. Sie haben ein tiefes Misstrauen gegen Messen und Testen und gegen die Scheinobjektivität von Ziffernzeugnissen, beharren aber darauf, dass jedes Kind, jeder Jugendliche das Recht hat, ein sehr genaues Echo und Anerkennung für das zu bekommen, was es oder er tut und leistet.

Wir brauchen also dringend Veränderungen. Nicht nur im methodischen und didaktischen Bereich, sondern auch im administrativen, verwaltenden Bereich. Dies kann auch Veränderung der Schulgebäude zur Folge haben. Sie sollen Sinnbild des pädagogischen Konzeptes sein, beispielsweise durch ein Herausreißen von Wänden, dem Anlegen eines Schulgartens oder einem Umnutzen der Flure. Schulen muss Autonomie zugemutet werden, um das Erkenntnispotential der Lehrkräfte zu mobilisieren. Sie sind aufgefordert, einen Ideen- und Handlungsentwurf ihrer eigenen Schule zu entwickeln. Die Unterrichtsformen sollen so gestaltet sein, dass die Schüler ihre Person, ihr Können, ihr Handeln, ihre Leiblichkeit als Zusammenhang erleben können.

4.3. Alle müssen mitmachen

Diese Regeln gelten für alle. Um eine funktionierende Schulgemeinde herzustellen müssen religiöse Zwänge weichen. Dabei sind alle gleich. Damit ist die Forderung verbunden, dass muslimische Eltern ihre Mädchen an Klassenfahrten und Schwimmunterricht teilnehmen lassen. Rüsselsheims Kosten für Hilfen zur Erziehung steigen ins Uferlose. Eine intakte Schullandschaft bildet in Verbindung mit den Kinder- und Jugendhäusern den Grundstock für eine gelungene Prävention, die durch Früherkennung verhindert, dass Familien verwahrlosen und Eltern nicht mehr in der Lage sind, ihre Kinder so zu erziehen, dass ein Eingriff des Jugendamts nötig wird.

4.4. Handlungsauftrag

Der Haushaltstitel „Öffnung von Schulen“ gehört aufgestockt. Mit diesem Geld sollen die Schulen in die Lage versetzt werden, sich den Rüsselsheimer Vereinen und Stadtteilen zu öffnen und deren Angebote und Kompetenzen in den Schulalltag zu integrieren. Kultur- und Sportamt werden beauftragt, die Angebote der Vereine mit den Bedürfnissen der Schulen zu harmonisieren. Im städtischen Haushalt wird ein Titel „Schulinnovation“ eingestellt. Dieser Titel soll von einer Rüsselsheimer Schule dafür eingesetzt werden, ein Innovationsprogramm für einen Schulumbau im Sinne der o.a. Schulkonzepte, aber durchaus eigenständig und unter Berücksichtigung der besonderen Bedingungen der jeweiligen Schule, zu entwickeln. Rüsselsheimer Schulen sind damit aufgefordert, sich mit einem Rahmenkonzept für diesen Titel zu bewerben. Die Vergabe des Titels an eine Rüsselsheimer Schule erfolgt durch eine vom Kultur-, Schul- und Sportausschuss zu benennenden Jury nach den Vorgaben eines schulpolitischen und pädagogischen Kriterienkatalogs. Um eine Qualitätssicherung des Unterrichts an Rüsselsheimer Schulen zu gewährleisten, wird eine Lehrerevaluation durchgeführt. Da im Beamtenrecht noch keinerlei Leistungskontrollen vorgesehen sind, ist es im Zuge der aktuellen Bildungsproblematik ein zeitgemäßes Instrumentarium um mögliche Schwachstellen auf Seiten der Lehrerschaft zu erkennen und diesen gegebenenfalls entgegenzuwirken.

4.5. Finanzierung

Zur Finanzierung von innovativen Projekten im Bildungsbereich der Stadt Rüsselsheim erfolgt eine pauschale Kürzung aller Haushaltspositionen im Verwaltungshaushalt um ein Prozent und die Einrichtung einer Haushaltsposition „Bildungsdividende“, in die Mittel in entsprechender Höhe einfließen.